Unfälle sind nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch in der Freizeit an der Tagesordnung. Für viele Betroffene ist die Situation trotzdem ein Schock. Dabei ist das Verhalten bei einem Unfall nicht nur lebenswichtig, es kann auch darüber entscheiden, ob das Unfallereignis ein Fall für die Unfallversicherung ist. Generell muss in diesem Zusammenhang daher zwischen dem Verhalten im „Akutfall“ und dem Verhalten im Zuge der Regulierung unterschieden werden.
Unfälle: Richtiges Verhalten und Sofortmaßnahmen
Ereignet sich ein Unfall, ist das richtige Handeln der Ersthelfer unter Umständen entscheidend über den weiteren Verlauf der Unfallfolgen. Richtiges Verhalten kann nicht nur Leben retten, sondern auch die Heilung unterstützen und Spätfolgen vermeiden helfen. Grundsätzlich müssen Helfer daher:
- die Gefahrensituation erkennen und beurteilen,
- Unfallopfer vor weiteren Gefahren schützen und zusätzlichen Schaden abwenden (Absicherung der Unfallstelle, Ausschalten weitere Schadensquellen wie laufende Maschinen usw.), was auch den Selbstschutz einschließt,
- Sofortmaßnahmen einleiten (Prüfung der Vitalfunktionen, Stillen von Blutungen etc.) und im Bedarfsfall einen Notruf an Feuerwehr, Polizei oder Notarzt absetzen.
Gerade der letzte Punkt kann entscheidend den weiteren Verlauf beeinflussen. Um professionellen Helfern eine Bewertung der Situation zu ermöglichen, sollte die Notfallmeldung die 5 W-Fragen enthalten, also:
- Wo hat sich der Unfall ereignet?
- Was hat sich ereignet?
- Welche Art der Verletzung ist erkennbar?
- Wie viele Personen sind verletzt?
- Warten auf Rückfragen.
Diese grundlegenden Richtlinien für ein Unfallereignis gelten nicht nur am Arbeitsplatz, sondern lassen sich auch auf den Straßenverkehr sowie den Bereich Heim und Freizeit übertragen. Gerade im Straßenverkehr gewinnt neben der Notfallmeldung und den Sofortmaßnahmen aber auch der Punkt Absicherung der Unfallstelle an Bedeutung.
Generell sollte die Unfallstelle mit einem Warndreieck/Warnleuchten im Abstand von 100 m (Landstraße) bzw. 200 m (Autobahn) für den nachfolgenden Verkehr angezeigt werden. Zusätzlich rät die Polizei zum Einschalten von Warnblinkanlage bzw. Scheinwerfer, um Verkehrsteilnehmer auf das Unfallgeschehen direkt aufmerksam zu machen. Die anschließenden Sofortmaßnahmen sind so auszuführen, dass weder für Unfallopfer noch Helfer eine Gefährdung eintritt. Wichtig: Fahrzeuge grundsätzlich auf der vom Verkehr abgewandten Seite verlassen.
Wie sehen die Sofortmaßnahmen aber im Einzelnen aus? Ist das Unfallopfer ansprechbar, erfolgt die Hilfeleistung nach Notwendigkeit. Wichtig: Auch wenn keine äußeren Verletzungen zu erkennen sind, kann der Schockzustand eine ernste Bedrohung darstellen, Betroffene sind daher entsprechend zu versorgen (je nach Schockursache können sich die Handlungsempfehlungen deutlich unterscheiden, so wird für den „klassischen“ Schock das Hochlagern der Beine empfohlen, im Fall eines kardiogenen Schocks ist der Oberkörper dagegen hochzulagern).
Tritt bei einem Unfallopfer dagegen Bewusstlosigkeit auf, sind hier zuerst die Vitalfunktionen zu prüfen. Im Fall einer vorhandenen Atmung ist der Betroffene in die stabile Seitenlage zu bringen, die Vitalfunktionen werden regelmäßig geprüft. Beim Fehlen der Atmung ist es durch den Ersthelfer nötig, die Atemspende durchzuführen bzw. bei parallel fehlendem Puls eine Herz-Lungen-Wiederbelebung durchzuführen.
Verhalten nach einem Unfall
Wie gestalten sich die Verhaltensregeln nach einem Unfall? Hier muss zwischen den Bereichen, welche der gesetzlichen Unfallversicherung und jenen, die in Heim und Freizeit fallen, unterschieden werden. Grundsätzlich ist ein Arbeitsunfall, welcher zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als 3 Tagen führt, gegenüber der Berufsgenossenschaft bzw. der zuständigen Unfallkasse meldepflichtig. Dazu ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Meldung erfolgt in der Regel über Formularblätter, welche seitens dem Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) bzw. dem zuständigen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zur Verfügung gestellt werden. Betroffene Arbeitnehmer müssen nach dem Unfall einen sogenannten Durchgangsarzt aufsuchen (Durchgangsärzte sind auf die Behandlung von Unfallopfern spezialisiert, etwa durch besondere Kenntnisse in der Unfallchirurgie), da für Behandlungen nach Unfällen nicht die Krankenkassen, sondern die Unfallversicherer Träger der Kosten sind.
Unfälle in der privaten Unfallversicherung
Die gesetzliche Unfallversicherung deckt nur Arbeits- und Wegeunfälle. Während das Verhalten hier einheitlich geregelt ist, bleibt die Frage offen, wie sich Mitglieder einer privaten Unfallversicherung zu verhalten haben. Da es sich hier um privat abgeschlossene Verträge handelt, können sich die Vorschriften im Versicherungsfall, die Obliegenheiten, von Unternehmen zu Unternehmen unterscheiden. Eine Richtschnur geben allerdings die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 2010; Musterbedingungen des GDV) vor.
So erlegen die AUB 2010 dem Versicherten in Punkt 7 unter anderem die Pflicht auf, nach einem Unfall, welcher für den Versicherer die Leistungspflicht nach sich ziehen kann, unverzüglich einen Arzt aufzusuchen und die Schadensanzeige gegenüber der Versicherung entsprechend zu behandeln bzw. den Unfall dem Versicherer unverzüglich zu melden.
Hinweis: Tritt nach einem Unfall Invalidität ein, ist deren Anzeige gegenüber der privaten Unfallversicherung an die Einhaltung bestimmter Fristen gebunden. Werden diese versäumt, kann es zur Leistungsverweigerung durch den Versicherer kommen.
Exkurs: Warum erste Hilfe leisten Pflicht ist
Wer Zeuge eines Unfalls wird, ist nach deutschem Recht zur Hilfeleistung verpflichtet. Den entsprechenden rechtlichen Rahmen dazu zieht § 323c StGB (Strafgesetzbuch), nach dessen Wortlaut die unterlassene Hilfeleistung mit einer Freiheitsstrafe belegt werden kann. Wie weit die Hilfeleistung geht bzw. an welchem Punkt die Unterlassung beginnt, ist in der Praxis schwierig zu beurteilen. So kann es in einem Fall ausreichen, Rettungskräfte zu verständigen, in einer anderen Situation kann dagegen die Ersthilfe im Rahmen der Verletztenfürsorge zur Hilfeleistung gehören.
Nach § 323c StGB gilt, dass die Hilfeleistung zumutbar ist, wenn sie den Umständen entspricht und ohne erhebliche Eigengefahr für den Hilfesteller bzw. einer Verletzung von dessen Pflichten möglich ist.
Schäden für den Hilfesteller
Erleidet im Rahmen der Hilfeleistung der Hilfesteller einen eigenen Schaden, wie etwa Verbrennungen, Zerrungen usw. kann er Ansprüche geltend machen. Diese können sich unter Umständen, wenn sie weder gegen den Verursacher eines Unfalls noch das Opfer geltend gemacht werden können, der gesetzlichen Unfallversicherung angetragen werden. Letztere übernimmt für Ersthelfer unter anderem Leistungen im Bereich der:
- Heilbehandlung
- Renten wegen Erwerbsminderung
- Leistungen bei Todesfall und
- Hinterbliebenenrenten.