Frankreich

Unfallversicherung Frankreich

Inhaltsübersicht


Neben der Schweiz, Österreich und Luxemburg oder Belgien zieht es Bundesbürger immer wieder – auch aufgrund einer Beschäftigung – nach Frankreich. Ähnlich den Nachbarstaaten hat sich auch hier eine Sozialversicherung entwickelt, die einen wesentlichen Pfeiler der sozialen Sicherheit darstellt, wenn es um das Thema Berufskrankheit und Arbeitsunfall geht. Beide sind durch die Unfallversicherung in Frankreich gedeckt, welche für inländisch Beschäftigte zu den Pflichtversicherungen gehört und deren Beiträge von den Unternehmen getragen werden.
Leistungsbereich Leistungsart
Sachleistungen – medizinische Behandlung (Hausarzt/Facharzt) ambulant und stationär – Behandlung beim Zahnarzt – Arzneimittel – Heil- und Hilfsmittel – Prothesen/Implantate – Kuren und Rehamaßnahmen
Geldleistung Versicherte – Tagegeld bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit (60 % bis 29. Tag, ab 29. Tag 80 % des Entgelts) – Verletztenrente in Abhängigkeit vom Einkommen und dem Grad der Erwerbsminderung – Zuschlag zur Verletztenrente bei MdE von mindestens 80 % und Pflegebedürftigkeit
Geldleistung Angehörige – Rentenleistung an: Lebenspartner (40 % mit Zuschlag ab 55 Jahr/MdE v. 50 %) Kinder (je 25 % für die ersten 2 Kinder und 20 % für weitere Kinder) und Angehörige aufsteigender Linie – Leistungen auf 85 % des Entgelts begrenzt
Kurzinfo zu den Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung in Frankreich (l’assurance accidents du travail et maladies professionnelles; Versicherung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten) Anders als in Deutschland sind für die Leistungen im Versicherungsfall aber nicht UV-Träger nach dem deutschen Muster der erste Ansprechpartner, sondern die ansässigen Krankenkassen. Tritt der Versicherungsfall (Arbeitsunfall) ein, muss der Versicherte umgehend (binnen 24 Stunden) hiervon den Arbeitgeber in Kenntnis setzen und erhält einen Unfallschein, welche zur Inanspruchnahme der Leistungen berechtigt (für Berufskrankheiten gelten andere Meldefristen von 15 Tagen ab dem ersten Eintreten der Arbeitsunfähigkeit). Hinweis: In Frankreich schließt der Arbeitsunfall auch den Wegeunfall ein. Bezüglich der Berufskrankheit als Versicherungsfall hat die französische Verwaltung eine Liste mit 98 Berufskrankheiten erarbeitet, deren Auftreten einen Anspruch gegen die Unfallversicherung rechtfertigt. Hinzu kommt unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit, eine beruflich bedingte Erkrankung, die nicht in der Liste geführt wird, auf den Verdacht der Berufskrankheit hin zu untersuchen, wenn:
  • sie zu einer Erwerbsminderung von mehr als 66 Prozent führt,
  • und in Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht.
Erkennt die Unfallversicherung solche Erkrankungen als Berufskrankheit an, haben die Betroffenen ebenfalls Anspruch auf entsprechende Leistungen.

Leistungen der Unfallversicherung

Grundsätzlich teilt sich der Leistungskatalog, den Beschäftigte im Versicherungsfall in Frankreich in Anspruch nehmen können, in Sach- und Geldleistungen auf. Letztere werden nicht nur gewährt, wenn es zu einer dauerhaften Minderung der Erwerbsfähigkeit kommt, sondern auch in Fällen, in denen Versicherte nur vorübergehend ihrer Tätigkeit nicht mehr nachgehen können. Bezüglich der Sachleistungen, welche nach einem Arbeitsunfall bzw. im Zuge der Behandlung einer Berufsunfähigkeit in Frage kommen, haben in Frankreich beschäftigte Arbeitnehmer Anspruch auf:
  • ambulante Behandlungen durch Haus- und Facharzt,
  • stationäre Behandlungen,
  • Zahnersatz, Heil- und Hilfsmittel, Arzneimittel und Reha-Maßnahmen.
Im Gegensatz zu „normalen“ Patienten, die Leistungen im Voraus finanzieren und teilweise seitens der Kassen entsprechende Erstattungen erhalten, rechnen die Leistungsträger im Fall eines Arbeitsunfalls/einer Berufskrankheit direkt mit den Erbringern medizinischer Leistungen ab. Zudem entfallen die in Frankreich geltenden Reglungen in Bezug auf Zuzahlungen/Selbstbeteiligungen für Behandlungen – die Gesamtkosten gehen zulasten der Versicherung.

Geldleistungen in Versicherte

In Frankreich beschäftigte Arbeitnehmer, die ihren Wohnsitz in Deutschland unterhalten, sind nach den in Frankreich geltenden Regelungen zur Sozialversicherung abgesichert, was auch die Unfallversicherung einschließt. Diese übernimmt nicht nur Sachleistungen im Versicherungsfall, sondern ebenfalls Geldleistungen. So haben Versicherte am Tag des Unfalls weiterhin Anspruch auf den Lohn, erst ab dem Folgetag wird ein Tagegeld gewährt. Letzteres beläuft sich zwischen dem 1. Tag und dem 29. Tag der Arbeitsunfähigkeit auf 60 Prozent des täglichen Entgelts (berechnet aus dem 30,42-sten Teil des letzten Monatsentgelts) und ist begrenzt auf 0,834 Prozent oder 182 Euro der Jahresbemessungsgrenze (Angaben nach Centre des Liaisons Européennes et Internationales de Sécurité Sociale, kurz Cleiss). Überschreitet ein Versicherter den 29. Tag der Arbeitsunfähigkeit, erhöht sich das Tagegeld auf 80 Prozent des täglichen Entgelts (nicht mehr als 242,67 Euro), wird aber spätestens in Höhe des Nettoeinkommens gedeckelt. Hinweis: Entsteht durch den Versicherungsfall eine Arbeitsunfähigkeit in Bezug auf die bisher ausgeübte Tätigkeit, kann seitens der Unternehmen dem Beschäftigten die Kündigung binnen eines Monats ausgesprochen werden. In diesem Fall haben Versicherte in Frankreich Anspruch auf eine Untauglichkeitsentschädigung (Indemnités temporaires d’inaptitude), deren Höhe sich am Tagegeld orientiert und die über einen Monat gezahlt wird.

Verletztenrenten in der französischen Unfallversicherung

Versicherte Arbeitnehmer, deren Erwerbsfähigkeit nach einem Arbeitsunfall oder dem Auftreten einer Berufskrankheit nicht mehr vollständig wiederhergestellt werden kann, haben Anspruch auf eine Rente gegenüber der Unfallversicherung. Letztere bemisst sich am Grad der MdE sowie dem zuvor erzielten Entgelt (aus den letzten 12 Monaten vor dem Versicherungsfall). Im Gegensatz zum deutschen Modell der Verletztenrente unterscheidet sich die Berechnung in Frankreich aber wesentlich. So wird das erzielte Entgelt nur in gewissen Grenzen vollständig berücksichtigt. Diese werden einmal pro Jahr festgelegt, und zwar einerseits in Höhe des Mindestgehalts (17.533,03 Euro seit 01. Januar 2012) sowie als Obergrenze des doppelten Mindestgehalts (35.105,06 Euro). Gehaltsbestandteile, welche das zweifache Mindestgehalt überschreiten, fließen in die Bemessung der Verletztenrente nur noch zu einem Drittel ein (Einkommensbestandteile ab dem 8-fachen Mindestgehalt bleiben vollständig unberücksichtigt). Wie errechnet sich aus dem Gehalt nun in Zusammenhang mit der Minderung der Erwerbsunfähigkeit die Verletztenrente? Grundsätzlich muss hier als Bedingung eine MdE (Minderung der Erwerbsfähigkeit) von mindestens 10 Prozent erfüllt sein, um die Rentenzahlung überhaupt in Anspruch nehmen zu können. Darüber hinaus wird ein MdE-Faktor auf folgender Grundlage bestimmt:
  • Erwerbsminderungen von unter 50 Prozent werden halbiert
  • Erwerbsminderungen von mehr als 50 Prozent werden dagegen um 50 Prozent erhöht.
In der Praxis würde sich folgendes Beispiel ergeben:
Minderung der Erwerbsfähigkeit Berechnung MdE-Faktor Verletztenrente
45 Prozent 0,45 / 2 0,225
65 Prozent (0,50 / 2) + (0,15 * 1,5) 0,475
80 Prozent (0,50 / 2) + (0,3 * 1,5) 0,7
Auf verschiedene Rechenbeispiele angewandt würden sich folgende Ergebnisse ergeben:
MdE/ MdE-Faktor Entgelt zu berücksichtigendes Entgelt Rentenanspruch
45 %/ 0,225 32.856 Euro 32.856 Euro 7.392,6 Euro
65 %/ 0,475 56.845 Euro 42.279,91 Euro 20.082,96 Euro
65 %/ 0,475 15.364 Euro 17.533,03 Euro 8.328,19 Euro
80 %/ 0,7 34.625 Euro 34.625 Euro 24.237,50 Euro
80 %/ 0,7 (mit Zuschlag wegen Pflegebedarf) 34.625 Euro 34.625 Euro 24.237,50 Euro (zzgl. 12.722,03 Euro für Pflegebedarf)
Der im letzten Beispiel berücksichtigte Bedarf für den Pflegeaufwand können Versicherte nur dann in Anspruch nehmen, wenn ein Grad in der Erwerbsminderung von 80 Prozent erreicht wird und sie im Alltag auf die Pflege durch Dritte angewiesen sind. Der Zuschlag wird in Höhe von 40 Prozent des Rentenanspruchs, aber mindestens in Höhe von 12.722,03 Euro gewährt (Angaben nach Centre des Liaisons Européennes et Internationales de Sécurité Sociale, kurz Cleiss). Hinweis: Obwohl die Verletztenrenten für Beschäftigte erst ab einer Minderung der Erwerbsunfähigkeit von mehr als 10 Prozent in Anspruch genommen werden können, gehen Betroffene mit einer niedrigeren MdE nicht leer aus. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, Ansprüche mittels einmaliger Kapitalleistungen abzufinden, deren Höhe sich am Grad der eingeschränkten Erwerbsfähigkeit orientiert.

Leistungen an Hinterbliebene

Der französische Zweig der Unfallversicherung erkennt nicht nur Ansprüche an, die versicherte Beschäftigte im Leistungsfall haben können, sondern auch jene, welche Angehörige geltend machen, falls der Versicherte durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit verstirbt. Wie sehen die Leistungen in diesem Fall im Einzelnen aus? Generell werden den hinterbliebenen Lebenspartnern (Witwe/Witwer sowie Partnerschaften), Kindern und Verwandten in aufsteigender Linie Leistungen gewährt. Letztere müssen aber als Bedingung erfüllen, dass sie vom Versicherten versorgt wurden (sofern dieser Lebenspartner und/oder Kinder hinterlässt) bzw. einen Anspruch auf Unterhaltsgeld hatten. Die Höhe der Renten an Hinterbliebene bemisst sich in Frankreich am Einkommen, das der Versicherte vor dem Versicherungsfall erzielt hat. So erhalten:
  • Witwen/Witwer oder Lebenspartner 40 Prozent der Bemessungsgrundlage (sofern sie älter als 55 Jahr bzw. zu mehr als 50 Prozent erwerbsgemindert sind, steigt dieser Betrag um einen Rentenzuschlag in Höhe von 20 Prozent an)
  • Kinder (bis 20 Jahre) entweder je 25 Prozent des Einkommens, sofern es sich um die ersten beiden Kinder handelt bzw. 20 Prozent für weitere Kinder (für Vollwaisen werden 30 Prozent der letzten Entgelte als Rente ausgezahlt)
  • Verwandte 10 Prozent, allerdings nur insgesamt in einem Umfang von 30 Prozent des Einkommens des Versicherten.
Die Rentenleistungen an Hinterbliebene, die seitens der Unfallversicherung in Frankreich geleistet werden, können sich maximal zu 85 Prozent des erzielten Einkommens eines Beschäftigten addieren. Hinweis: In Frankreich erhalten Hinterbliebene ein Sterbegeld. Dessen Bemessungsgrundlage ist das tägliche Arbeitseinkommen des Versicherten, das mit dem Faktor 91,25 multipliziert, ab 9.093 Euro aber gedeckelt wird (die Mindestauszahlungsgrenze liegt bei 363,72 Euro, also einem Prozent der Jahresbemessungsgrenze in Frankreich; Stand: 2012).

Ansprechpartner/Adressen in Frankreich

Beschäftigte, die zwar in Frankreich einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgehen, deren Wohnsitz aber in Deutschland liegt, sind trotzdem in Frankreich abgesichert. Aufgrund der Unterschiede zwischen den Sozialversicherungssystemen ist es für jeden Betroffenen wesentlich, die wichtigsten Ansprechpartner zu kennen. In Frankreich sind dies unter anderem die zuständigen Träger der Krankenversicherung sowie internationale/bilaterale Verbindungsstellen rechts und links des Rheins.
Internationale Verbindungsstelle für Soziale Sicherheit Centre des Liaisons Européennes et Internationales de Sécurité Sociale Rue de la tour des Dames 11 FR-75436 Paris Cedex 09
Behörde der sozialen Krankenversicherung für Arbeitnehmer La Caisse nationale de l’assurance maladie des travailleurs salariés (CNAMTS) Avenue du Professeur André Lemierre 50 FR-75986 Paris Cedex 20
Ministerium für Arbeit und Soziales Ministère du Travail, de l’Emploi, de la Formation Professionnelle et du Dialogue Social Rue de Grenelle 101 FR-75007 PARIS 07
Verbindungsstelle Frankreich (BG N) Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel- und Gastgewerbe – Verbindungsstelle Postfach 10 04 41 68004 Mannheim
Deutsche Verbindungsstelle Unfallversicherung – Ausland Deutsche Verbindungsstelle Unfallversicherung – Ausland Alte Heerstraße 111 53757 Sankt Augustin
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