Seitens der gesetzlichen Unfallversicherung wird ein breites Spektrum an Leistungen übernommen. Allerdings greift die GUV nicht bei jedem Unfall, die Leistungspflicht der Unfallversicherungsträger ist an begrenzte Voraussetzungen gebunden. So sind in der gesetzlichen Unfallversicherung nur Arbeits- und Wegeunfälle sowie das Auftreten von Berufskrankheiten versichert.
Für die Praxis bedeutet dies, dass ein Leistungsfall immer mit der versicherten Tätigkeit in einem direkten Zusammenhang stehen muss. Abweichungen vom direkten Arbeitsweg können zum Beispiel dazu führen, dass der Schutz durch die Unfallversicherung erlischt.
Hinweis: Unter bestimmten Bedingungen (Anvertrauen von im Haushalt lebenden Kindern in fremde Obhut, Bildung von Fahrgemeinschaften) greift der Schutz durch den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung auch dann, wenn vom direkten Weg zur oder von der Arbeitsstätte abgewichen wurde.
Die Stolperfalle Arbeitsunfall
Damit ein Leistungsfall für die gesetzliche Unfallversicherung entsteht, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein. Grundsätzlich ist eine wesentliche Voraussetzung, dass Unfallgeschehen und versicherte Tätigkeit in einem Zusammenhang stehen. Eine Tatsache, die für Versicherte zur Stolperfalle werden kann, denn es gibt unterschiedliche Situationen im Arbeitsalltag, die vielleicht auf den ersten Blick zur versicherten Tätigkeit gehören, dennoch aber nicht den Schutz durch die Unfallversicherung genießen.
Ein Beispiel ist die Arbeitspause. An sich gehört diese – auch nach Auffassung der Unfallversicherungsträger – zum Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, sie steht im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Aber: Essen und Trinken werden wiederum ausgeklammert, selbst wenn Speisen und Getränke in einer betriebseigenen Kantine eingenommen werden.
Die Beschaffung der Pausenmahlzeit fällt dagegen in den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung, wie das Sozialgericht Frankfurt festgestellt hat (Az: S 23 U 252/09). Allerdings endet der Versicherungsschutz, wenn dabei noch schnell der Großeinkauf für zuhause in den Einkaufskorb wandert. Und auch wer einfach nur frische Luft schnappen will, bleibt beim Unfall außen vor. Richter haben hier festgelegt, dass der bloße Spaziergang nicht zu den versicherten Tätigkeiten gehört.
Ähnlich übrigens die Situation, wenn Beschäftigte in der Pause oder nach Feierabend Betriebsmittel für private Zwecke einsetzen und es hier zu einem Unfall kommt. Trotz der auf den ersten Blick vorliegenden Nähe zur versicherten Tätigkeit greift die Unfallversicherung nicht, selbst wenn sich der Unfall bei einer Instandhaltung der Betriebsmittel ereignet hat.
Obwohl auf den ersten Blick relativ einfach abzugrenzen, machen die Beispiele klar, wie schnell die Grenze zwischen Arbeits- und Freizeitunfall zum Nachteil des Versicherten verschwimmen kann. Ausschlaggebend ist, ob der Beschäftigte eigenwirtschaftlich handelt oder nicht.
Wo beginnt die Berufskrankheit
Während sich der Arbeitsunfall trotz gewisser Schwierigkeiten auch von Laien erfassen lässt, ist der Rahmen in Bezug auf Berufskrankheiten häufig schwerer zu ziehen. Gerade der versicherungsrechtliche Aspekt führt dazu, dass Laien die Abgrenzung nur schwer nachvollziehen können. Denn für eine Berufskrankheit müssen Betroffene nicht nur am Arbeitsplatz erkranken, sondern den Ursachen, welche zu einer Erkrankung führen, in erheblich stärkerem Umfang ausgesetzt sein als die Allgemeinheit.
So kann eine Sehnenscheidenentzündung zwar am Arbeitsplatz entstehen, ist deshalb aber noch keine Berufskrankheit, sondern eine arbeitsplatzbedingte Erkrankung. Sind Beschäftigte dagegen Jahre am Arbeitsplatz einem Lärmpegel von mehr als 90 dB (Dezibel) ausgesetzt und leiden als Folge an Schwerhörigkeit bis nahe an die Taubheit, liegt der begründete Verdacht einer Berufskrankheit vor. Hinzu kommt, dass im Fall der Bewertung einer Krankheit als Berufskrankheit immer die Kausalität eine Rolle spielt, die Ursache und Wirkung zusammenbringt.
In der Praxis würde dies bedeuten, dass Wirbelsäulenverletzungen (Bandscheibenvorfall) am Arbeitsplatz nicht als Berufskrankheit gelten, wenn sich eine Exposition am Arbeitsplatz nicht nachweisen lässt, sondern diese in der Freizeit liegt. Das Gegenteil wäre der Fall, wenn Beschäftigte in Untertagebetrieben (Spezialtiefbau, Bergbau) an Silikose durch das Abatmen von Stäuben erkranken. Aber auch hier sind die Grenzen nicht immer ohne Weiteres zu ziehen, wie die Leitlinien zur Arbeitsmedizin der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM; Diagnostik und Begutachtung der Berufskrankheit Nr. 4101 Quarzstaublungenerkrankung (Silikose)) zur Staublungenerkrankung zeigen.
Ob und wann ein Leistungsfall für die gesetzliche Unfallversicherung eintritt, lässt sich gerade im Fall der Berufskrankheiten teilweise nur mit erheblichem gutachterischen Aufwand feststellen. Ein wesentlicher Einflussfaktor sind aber immer die Rahmenbedingungen, egal, ob es sich um eine Berufskrankheit oder Arbeitsunfall handelt.