Urteil des Landgerichts Bayreuth (Az. 23 O 938/09)
Sturz beim Schlafwandeln ist nicht unfallversichert
Leidet ein Unfallversicherter an sogenannten Geistes- oder Bewusstseinsstörungen, so sind Unfälle, die durch diese Trübungen der Sinne entstehen, nicht automatisch mit in der Unfallversicherung enthalten. Zu diesem Urteil kam das Landgericht Bayreuth.
Folgender Sachverhalt liegt im Urteil zugrunde: Der Versicherte und Kläger neigte zum Schlafwandeln und erlitt in diesem Zusammenhang einen Unfall. Er war beim Schlafwandeln gestolpert und schließlich mit dem Kopf auf eine Tischkante aufgeschlagen. Die Wucht des Aufpralls war so heftig, dass er am rechten Auge einen Riss in der Hornhaut erlitten hatte. In der Folge kam es zu Beeinträchtigungen des Sehvermögens, die voraussichtlich dauerhaft bleiben werden.
Der Versicherte verlangte nun, dass seine Unfallversicherung den Schaden in Form einer Invaliditätsleistung ersetzen soll. Bezüglich der Höhe dieser Leistungen forderte er einen Erstattungsbetrag von insgesamt 46.500 Euro. Die Versicherung lehnte die Zahlung dieser Invaliditätsleistung jedoch mit dem Hinweis auf die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen ab, welche für den abgeschlossenen Versicherungsvertrag gelten. Die Begründung: In diesen Unfallversicherungsbedingungen ist der Ausschluss der Versicherungsleistung bei Unfällen infolge von Geistes- oder Bewusstseinsstörungen enthalten.
Der Knackpunkt ergab sich in diesem Fall allerdings daraus, dass der Geschädigte behauptete, zum Unfallzeitpunkt bei Bewusstsein gewesen zu sein. Laut seiner Aussage sei er zunächst beim Schlafwandeln gestolpert und dadurch aufgewacht, bevor er mit dem Kopf auf die Tischkante geschlagen sei. Da die Versicherung trotzdem ihre Leistung nicht ausschütten wollte, zog der Betroffene vor Gericht und klagte auf Zahlung der Invaliditätsleistung.
Vor dem Landgericht Bayreuth hatte er mit seiner Klage jedoch keinen Erfolg. Das Gericht stellte fest, dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Versicherungsschutzes in dem hier vorliegenden Fall durchaus gegeben seien, da der Unfall unmittelbar auf das Schlafwandeln des Versicherten zurückzuführen sei. Weiterhin stellten die Richter fest, dass der Versuch des Versicherten, sich damit herauszureden, dass er kurz vor dem Aufschlagen mit dem Kopf auf die Tischkante aufgewacht sei, lediglich dazu von diesem vorgeführt worden sei, um die entsprechende Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Unfallversicherung zu umgehen.
Laut Gericht müsse diese Klausel in den Versicherungsbedingungen relativ eng ausgelegt werden. Jeder Versicherungsnehmer sollte auch ohne versicherungsrechtliche Kenntnisse dazu in der Lage sein, die Klausel zu verstehen. Auch in dem hier vorliegenden Fall hätte der Versicherte die Klausel durchaus verstanden, das hätten die vor Gericht vorgetragenen Fakten wie die Schilderung des Unfallhergangs etc. ergeben.
Hinzu käme laut Gericht, dass das Vorhandensein einer Bewusstseinsstörung im Sinne der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Unfallversicherung keine unbedingte völlige Bewusstlosigkeit voraussetze. Es genüge bereits eine Beeinträchtigung der Reizaufnahme- und Reaktionsfähigkeit, damit von einer Bewusstseinsstörung gesprochen werden könne. Der Kläger führte daraufhin an, dass er den Begriff Schlafwandeln lediglich aus Unkenntnis und ohne vorheriges Nachdenken in diesem Zusammenhang gebraucht habe. Darauf ließen sich die Richter allerdings nicht ein, sie erkannten schnell, dass er mit dieser Taktik versuchte, am Ende doch noch „die Kurve zu bekommen“. Folglich wurde die Klage abgewiesen, der Versicherte muss den daraus entstandenen Schaden in vollem Umfang allein tragen.