Landessozialgericht Rheinland-Pfalz – AZ L 3 U 62/13
Öffentliche Schulparty fällt unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung
Gesetzliche oder private Unfallversicherung? Welcher Fall von welcher Form der Unfallversicherung getragen wird, lässt sich oft nur recht schwer beantworten. Fakt ist: Die gesetzliche Unfallversicherung besitzt einen recht eng definierten Leistungskatalog, während die private Unfallversicherung in der Regel weiter gefasst ist.
Wie sieht es z. B. aus, wenn eine Veranstaltung in der Öffentlichkeit durchgeführt wird? Normalerweise ist hier die gesetzliche Unfallversicherung nicht in der Leistungspflicht, allerdings gibt es Ausnahmen. Ob eine solche Ausnahme vorliegt, darüber musste kürzlich das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz urteilen.
Alles zum Thema der gesetzlichen Unfallversicherung
Sturz bei Schulparty – Unfallkasse zahlt!
Eine Schülerin der 10. Klasse besuchte die einmal jährlich durchgeführte „Frühlings-Rockparty“, welche von ihrer Schule organisiert wurde. Hierbei handelte es sich um eine freiwillige Freizeitveranstaltung, ein Besuch war also von Seiten der Schule nicht vorgeschrieben. Die Veranstaltung war insbesondere für Schüler der 5. und 10. Klassen vorgesehen, konnte aber grundsätzlich von Schülern jeden Alters und jeder Jahrgangsstufe besucht werden.
Es waren etwa 400 Personen auf der Party anwesend, unter ihnen auch die Klägerin. Zur Überwachung der Veranstaltung waren vier Lehrer sowie der Schulleiter anwesend. Die Aufsichtspersonen kontrollieren in regelmäßigen Abständen auch den äußeren Bereich rund um die Veranstaltungslocation, u. a. auch den vor der Schule gelegenen Lehrerparkplatz. Die Klägerin sollte schließlich später am Abend von der Veranstaltung abgeholt werden. Sie wartete auf dem genannten Lehrerparkplatz, wo sie sich auf einen Mauervorsprung setzte. Als sie sich mit den Armen abzustürzen versuchte, fiel sie in einen etwa drei Meter tiefen Schacht nach hinten, woraufhin sie sich schwere Verletzungen der Wirbelsäule bzw. des Rückens zuzog.
In der Folge wurden mehrere komplizierte medizinische Behandlungen notwendig, deren Kosten zunächst von der Unfallkasse übernommen wurden. Die Kasse bezahlte sowohl die ärztlichen Behandlungen als auch die Fahrtkosten sowie einen Vorschuss auf eine Invalidenrente. Nach einiger Zeit weigerte sich die Kasse jedoch zur Übernahme weiterer Kosten, da ihrer Meinung nach – auch aufgrund umfangreicher Untersuchungen des Falls – ein Unfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung nicht vorgelegen habe. Hinzu komme, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls erst 15 Jahre alt gewesen sei und sich daher zum Unfallzeitpunkt, d. h. nach 22 Uhr, gar nicht mehr auf der Veranstaltung hätte aufhalten dürfen.
Unfallkasse verweigert Zahlung weiterer notwendiger Behandlungen
Daraufhin verweigerte die gesetzliche Unfallversicherung weitere Zahlungen, woraufhin die Klägerin bzw. deren gesetzliche Vertreter vor Gericht gingen. Der Fall wurde schließlich vor dem Sozialgericht Trier verhandeln.
Hier stellten die Richter fest, dass auf einer öffentlichen Veranstaltung wie die Rockparty der Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung gegeben sei. Es sei bei einer solchen Veranstaltung ausreichend, so die Richter, wenn sie unter einer organisatorischen Mitverantwortung der Schule ausgetragen würde. Hierzu ist lediglich eine unmittelbare zeitliche und räumliche Verbindung zur Schule notwendig, außerdem muss die Möglichkeit gegeben sein, dass die Schulleitung entsprechende Einwirkungsmöglichkeiten auf die Vorbereitung und auch auf die Durchführung der Veranstaltung hat. Für den Versicherungsschutz sei es schließlich unerheblich, ob sich die Veranstaltung lediglich auf Schüler oder auch auf deren Eltern sowie andere Besucher erstrecke. Sofern man zweifelsfrei davon ausgehen könne, dass es sich hierbei um eine schulische Veranstaltung handelt, müsse der Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung gegeben sein. Da die Schüler bei dieser Veranstaltung durch die Lehrer und durch den Schulleiter ordnungsgemäß beaufsichtigt worden seien, könnten hier keine Zweifel angebracht werden.
Fazit
Den Einwand des gesetzlichen Vertreters der Unfallversicherung, dass sich die Klägerin den Unfall nicht am Veranstaltungsort, sondern auf dem Parkplatz davor zugezogen hat, ließen die Richter ebenfalls nicht gelten. Parkplätze und ähnliche Orte, die im direkten Umfeld der Veranstaltung liegen, seien ebenso durch die Unfallversicherung mit abgedeckt. Somit erhält die Klägerin auch weiter ihre Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, inklusive der bereits genannten Invalidenrente.