Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit
Die volle Erwerbsminderungsrente ist nach Auffassung der gesetzlichen Rentenverischerung eine Lohnersatzleistung. Damit Betroffene diese Leistung des Versicherungsträgers in Anspruch nehmen können, sind erhebliche Hürden zu nehmen. Umrissen in § 43 SGB VI, dürfen Betroffene nicht mehr in der Lage sein, mehr als drei Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein.
Darüber hinaus müssen in diesem Zusammenhang nicht nur allgemeine Wartezeiten erfüllt werden. Es ist für den erfolgreichen Anspruch auf die gesetzliche volle Erwerbsminderungsrente unerlässlich, in den fünf zurückliegenden Jahren über mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge in die Rentenkassen eingezahlt zu haben.
Welche Konsequenzen haben diese Bedingungen zur vollen Erwerbsminderungsrente? Einerseits geht die Definition des allgemeinen Arbeitsmarktes recht weit. Es sind nach Ansicht der gesetzlichen Rentenversicherung davon nicht nur jene Bereiche betroffen, in denen Arbeitnehmer und Arbeitgeber im arbeitsvertraglichen Rahmen agieren. Auch eine selbständige Tätigkeit kann den Anspruch des allgemeinen Arbeitsmarktes erfüllen.
Darüber hinaus werden die Wartezeiten in der Rentenversicherung mitunter zu einem Problem. Angenommen, 18 Monate nach Abschluss der Berufsausbildung kommt es zu einem Freizeitunfall, der zu einer stark verminderten Erwerbsfähigkeit führt. Die Brücke in eine Erwerbsminderungsrente wäre verbaut, wenn die Berufsausbildung bereits mit 16 Jahren begonnen wurde und die allgemeine Wartezeit noch nicht erfüllt ist. Vor ganz ähnlichen Situationen stehen Selbständige und Freiberufler, die nach §§ 2 ff. SGB VI als versicherungsfrei gelten und demzufolge selbst vorsorgen.
Hier fehlt es häufig an den nötigen Wartezeiten und Pflichtbeiträgen, um die volle Erwerbsminderungsrente in Anspruch nehmen zu können. Letztlich entsteht eine Vorsorgelücke, die sich im Ernstfall bitter rächen kann – wenn Betroffene nicht in der privaten Vorsorge aktiv geworden sind. In diesem Zusammenhang bleibt letztlich zu prüfen, ob die Voraussetzungen nach § 41 Abs. 3 SGB XII vorliegen und auf diese Weise zumindest das Existenzminimum der Betroffenen absgesichert werden kann.
Übrigens: Wie weit die Verweisungsrechte der Rentenversicherung im Zusammenhang mit den Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gehen können, zeigt unter anderem ein Urteil aus dem Jahr 2009 (Az.: L 2 R 20/08). Dessen Tenor ist die Tatsache, dass ein Bauschlosser auf den Beruf des Schlossmachers verwiesen werden kann – auch wenn er nicht mehr in der Lage ist, den erlernten Beruf auszuüben.