Krankheit, Unfall oder Kräfteverfall führen Jahr für Jahr zu Neuzugängen in der gesetzlichen Rentenversicherung. Betrachtet man die Zahlen für 2011, lag die Quote der Erwerbsminderungsrenten bei rund 20 Prozent aller Rentenzugänge. Angesichts der Auswirkungen, welche sich durch eine Versorgungslücke ergeben, wächst das Bedürfniss vieler Verbraucher, entsprechend vorzusorgen.
Die Empfehlung vieler Experten ist in diesem Zusammenhang einfach – der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung. Das Problem: Die BU-Versicherung ist in der Praxis das Vorsorgeinstrument Nr. 1, nicht selten aber auch mit hohen Kosten verbunden. So muss ein kerngesunder, 34 Jahre alter Antragsteller für eine angemessene Versicherungssumme von 1.500 Euro bereits mit einem Monatsbeitrag in dreistelliger Höhe rechnen.
Verteilung der Rentenzahlungsbeträge in den Zugängen zur gesetzlichen Rentenversicherung wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bei Männern (enthalten sind Renten auf Zeit, an Bergleute, wegen teilweise und voller Erwerbsunfähigkeit; Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 2011; Tabelle: 203.00 Z)
Wesentlich günstiger wäre in diesem Fall doch der Abschluss einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung. Schließlich ist deren Beitrag um ein Vielfaches geringer. Allerdings muss sich jeder potenzielle Versicherungsnehmer in diesem Zusammenhang der Unterschiede zwischen beiden Varianten bewusst werden.
Hohe Messlatte Erwerbsunfähigkeit
Ein Vorteil der Berufsunfähigkeitsversicherung ist die Tatsache, dass viele aktuelle Tarife den Leistungsfall bereits anerkennen, wenn der Versicherte nur noch imstande ist, zu weniger als 50 Prozent seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Damit geht die Berufsunfähigkeitsversicherung weiter als die gesetzliche Rentenversicherung.
Nach § 240 SGB VI erkennnt diese unter bestimmten Voraussetzungen eine Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit und einen entsprechenden Rentenanspruch an. Mitglieder der Rentenversicherung dürfen nicht mehr als sechs Stunden in der Lage sein, Tätigkeiten wie gesunde Versicherten mit vergleichbarer Ausbildung, ähnlichen Kenntnissen oder Fähigkeiten auszuüben. Hinzu kommt, dass Beschäftigte nach § 240 Abs. 2 SGB VI auf zumutbare Tätigkeiten verwiesen werden können.
Im Gegensatz dazu macht die Erwerbsunfähigkeitsversicherung keinerlei Einschränkungen in Bezug auf die Zumutbarkeit oder persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten der Betroffenen. Es gilt die Regel, dass der Kreis für Verweisungstätigkeiten in diesem Zusammenhang extrem weit gefasst ist. Betroffene dürfen – damit der Grundsatz einer vollständigen Erwerbsunfähigkeit gelten kann – dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch weniger als 3 Stunden täglich zur Verfügung stehen. Die teilweise Erwerbsunfähigkeit ist an die Voraussetzung geknüpft, dass die generelle Arbeitsfähigkeit nur noch für weniger als sechs Stunden besteht.
Erwerbsunfähigkeitsversicherung bedeutet Vorsorgelücke
Dieser strikte Kurs gilt für die gesetzliche Rentenversicherung bzw. deren Erwerbsminderungsrente. Wie sieht die Situation im Fall privater Erwerbsunfähigkeitsversicherungen aus?. An dieser Stelle sind die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der einzelnen Unternehmen ausschlaggebend. Macht man sich die Mühe, diese im Detail zu prüfen, wird die Vorsorgelücke im Vergleich zur BU-Versicherung deutlich.
Nicht nur, dass die private Erwerbsunfähigkeitsversicherung starke Ähnlichkeiten mit der Erwerbsminderungsrente der gesetzlichen Rentenversicherung zeigt. Sie greift auch deren Definition des allgemeinen Arbeitsmarktes auf. Dies schließt nicht nur alle abhängigen Beschäftigungen ein, sondern auch selbständige Tätigkeiten.
Beide – die gesetzliche Erwerbsminderungsrente wie die private Erwerbsunfähigkeitsversicherung – können also theoretisch von betroffenen Beschäftigten nicht nur den Berufswechsel, sondern sogar die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit verlangen. Inhaltlich lassen sich damit beide durchaus vergleichen. Aufgrund der strengen Bedingungen, welche die Erwerbsunfähigkeitsversicherung an den Leistungsfall anlegt, bleibt für die Versicherten eine Vorsorgelücke. Zumal in den Bedingungen einiger Versicherer Klauseln auftauchen, nach denen selbst ein Bescheid der Sozialversicherung ohne Wirkung bleibt.