Viele Verbraucher, die sich für den Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung entscheiden, bleiben den Gesellschaften über Jahre treu. Die Ursache ist nicht so sehr in überdurchschnittlichen Leistungen der Versicherungen zu suchen. Teilweise ist es einfach Bequemlichkeit. Hat man doch für die Zukunft und gegen das Risiko Berufsunfähigkeit vorgesorgt.
Es rechnet sich aber durchaus, den Versicherungsmarkt und Tarife der Konkurrenz über einen gewissen Zeitraum im Auge zu behalten. Sich ändernde rechtliche Rahmenbedingungen, Grundsatzurteile oder neue Leistungsbausteine – die Versicherungsbranche beweist eine gewisse Dynamik. Und wer dieser Tatsache gerecht werden will, muss auch bereit sein, sich mit dem Wechsel der Gesellschaft auseinanderzusetzen.
BU-Wechsel: Wichtige Grundlagen
Eine selbständige Berufsunfähigkeitsversicherung kündigen ist aus rechtlicher Sicht grundsätzlich kein Problem. Einerseits legen entsprechende Klauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der einzelnen Gesellschaften einen entsprechenden Rahmen fest. Auf der anderen Seite ist die Kündigung des Versicherungsvertrags auch im VVG (Versicherungsvertragsgesetz) verankert.
Das Kündigen beim alten Versicherer und der Abschluss einer neuen BU-Versicherung ist also theoretisch keine große Hürde (sofern keine Leistungen in Anspruch genommen werden). Praktisch stößt man allerdings auf verschiedene Probleme. Was Versicherte unbedingt im Auge behalten sollten, betrifft mehrere Punkte.
Einerseits besteht die Gefahr darin, den Schutz gegen Berufsunfähigkeit zu verteuern – durch ein höheres Eintrittsalter. Hintergrund: Der Beitrag zur BU-Versicherung wird maßgeblich durch das Alter der Antragsteller beeinflusst. Wer es einmal in die Berufsunfähigkeitsversicherung geschafft hat, muss im Regelfall dann nur noch in einigen Ausnahmefällen mit Beitragserhöhungen (ausgenommen, es wurde eine Dynamik in den Vertrag integriert) rechnen.
Im Fall eines Versicherungswechsel wird die Uhr quasi zurückgestellt, Versicherte müssen mit einem höheren Beitrag rechnen. Wie die Folgen aussehen können, zeigen die Beispiele zur Beitragsberechnung.
Eintrittsalter: |
HUK COBURG1 |
CosmosDirekt2 |
23 |
99,93 Euro |
94,19 Euro |
31 |
124,91 Euro |
117,56 Euro |
39 |
159,86 Euro |
148,30 Euro |
46 |
200,21 Euro |
184,26 Euro |
Beispiele zu den Folgen unterschiedlicher Eintrittsalter in der Berufsunfähigkeitsversicherung für zufällig ausgewählte Gesellschaften (Modellversicherter Versicherungskaufmann/ -kauffrau, kein Raucher, keine Vorerkrankungen, kein gefährlicher Freizeitsport, 180 cm groß, 75 kg Gewicht, Rente 1.000 Euro p. Monat bis 67 Jahre, monatliche Zahlweise, ohne Zusatzoptionen; Bruttoergebnisse über Beitragsrechner des jeweiligen Versicherers; Stand Januar 2013)
)1 – Premium BUZ mit RLV
)2 – Comfort Tarif
Neben den Auswirkungen, die ein höheres Eintrittsalter hat, wird der Versicherungswechsel noch an anderer Stelle beeinflusst. Die BU-Versicherung deckt das biometrische Risiko der einzelnen Versicherten ab. Deren Gesundheitszustand bzw. gewisse gesundheitliche Risikofaktoren sind daher für die Gesellschaften durchaus von Interesse. Was passiert, wenn Verbraucher mit diesem Wissen ihre Berufsunfähigkeitsversicherung wechseln? Sind während der Laufzeit des alten Versicherungsvertrages chronische Erkrankungen in Erscheinung getreten, hat der Versicherte begonnen zu rauchen usw., so ist im Zuge des Versicherungswechsels mit Problemen zu rechnen. Es sind aber nicht nur Risikoaufschläge, die hierdurch drohen können. Vielmehr ist unter Umständen mit einer Ablehnung durch andere Gesellschaften zu rechnen.
Hat der betroffene Versicherte die alte Berufsunfähigkeitsversicherung hier bereits gekündigt, ist es für eine Umkehr meist zu spät. Denn die Fortführung der alten BU-Versicherung ist unter solchen Umständen in der Regel nur nach Einwilligung des Versicherers möglich – und dieser verlangt mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls eine Gesundheitsprüfung.
Versicherungswechsel – ja oder nein
Dass Versicherte den Anbieter ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung wechseln können, ist unumstritten. Ob dieser Schritt tatsächlich Sinn macht, ist allerdings ein anderes Kapitel. Besonders ältere Versicherungsnehmer, die bereits über einen längeren Zeitraum abgesichert sind, sollten zuerst alle Optionen intensiv prüfen, bevor sie das Ausscheiden aus dem Versicherungskollektiv in Erwägung ziehen. Hinzu kommt in diesem Zusammenhang ein weiteres Problem. Wurde für die Verwendung der Überschüsse eine Bonusrente vereinbart, ist mit Nachteilen durch den Wechsel zu rechnen.
Hinzu kommt außerdem, dass für die neue Police wiederum Abschlussgebühren anfallen. Es ist deshalb sehr genau zu prüfen, inwiefern sich der Versicherungswechsel rechnet. Denn die Beitragsersparnis ist nur „die halbe Miete“. Was aus Sicht des Versicherten für den Wechsel sprechen sollte, sind günstigere Versicherungsbedingungen, wenn man etwa eine abstrakte Verweisung gegen den Verzicht auf die Verweisungstätigkeit tauschen kann.
Nur wegen niedrigerer Prämien die BU-Versicherung wechseln macht dagegen wenig Sinn. Denn nimmt man im Leistungsfall gegenüber den Gesellschaften aufgrund der neuen Versicherungsbedingungen eine schlechtere Position als gegenüber dem alten Vertrag ein, wird der Wechsel letztlich teurer – statt sich zu lohnen.
Ablauf des Versicherungswechsels
Wie sollte der Versicherungswechsel einer Berufsunfähigkeitsversicherung praktisch ablaufen? Eines der wichtigsten Elemente ist die Auswahl bzw. Suche nach dem neuen Tarif. Da die Absicherung der Arbeitskraft für die Vorsorge im Mittelpunkt steht, ist es angemessen, sich hierfür um professionelle Hilfe zu bemühen. Andernfalls droht schnell der Überblick verloren zu gehen – mit fatalen Folgen.
Generell zählt eine angemessene Balance aus Beitrag und Leistung. Es ist durchaus akzeptabel, für eine BU-Versicherung etwas tiefer in die Tasche zu greifen, wenn sie im Gegenzug deutlich bessere Leistungen bietet.
Tipp: Man kann an dieser Stelle auch versuchen, den Versicherungsschutz über den Bestandsversicherer auszubauen. Speziell, wenn dieser neue Tarife mit besseren Bedingungen führt, lässt sich auf diese Weise vielleicht der BU-Wechsel abkürzen.
Hat man passende Tarife durch einen Vergleich diverser Angebote gefunden, ist man seinem Ziel nur ein Stück nähergekommen. Das letzte Wort haben aber immer die Gesellschaften. Um durch die Ablehnung eines überstürzt gestellten Antrags keine Nachteile in Kauf nehmen zu müssen, ist es ratsam, bei den Gesellschaften eine anonymisierte Risikoanfrage zustellen.
Dabei wird durch die Versicherung anhand der Angaben geprüft, inwiefern und zu welchen Bedingungen eine BU-Versicherung zustande kommen würde. Hintergrund: Stellen Verbraucher bei den Gesellschaften einen Antrag auf den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung, werden deren Daten an eine Warn- und Hinweisdatenbank eingetragen. Ablehnungen haben aber nicht nur im Zuge des Hinweis- und Informationssystems der Versicherungswirtschaft (HIS) Folgen. Oft wird in den Anträgen nach gestellten und abgelehnten Anträgen gefragt. Wer zu einem Schnellschuss neigt, stellt sich aufgrund dieser Tatsachen mitunter selbst ein Bein – und muss mit wiederholten Ablehnungen rechnen.
Tipp: Gesellschaften schränken die maximale Höhe ihrer Leistungen in der BU-Versicherung im Regelfall ein. Wo die Grenzen genau liegen, ist unterschiedlich. Eine Gemeinsamkeit besteht allerdings in der Tatsache, dass andere Ansprüche in der Berechnung berücksichtigt werden. Versicherte sollten sich Klarheit verschaffen, inwiefern der alte Vertrag hier noch eine Rolle spielt.
Versicherungswechsel und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung
Der Wechsel einer selbständigen Berufsunfähigkeitsversicherung hält zwar hier und da einige Hürden bereit, ist aber dennoch oft ohne Probleme möglich. Wie sieht die Situation im Fall einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung aus? Hier ist die Situation erheblich komplexer. Der Grund ist relativ einfach – die BUZ ist an die Hauptversicherung gekoppelt. Will man den BU-Schutz beenden bzw. hat sich für ein leistungsstärkeres Angebot entschieden, müsste auch die Hauptversicherung gekündigt werden.
Ein nur selten lösbares Problem. Betrachtet man beispielsweise die Kombination Basisrente und BU-Zusatzschutz, ist eine Kündigung nicht möglich. Und auch, wenn sich hinter der Hauptversicherung „nur“ eine Kapitallebensversicherung verbirgt, wird deren Auflösung in vielen Fällen ein Minusgeschäft.
Letztlich entscheiden in diesem Zusammenhang die Versicherungsbedingungen der einzelnen Unternehmen. Hier ist meist in den Klauseln zur Kündigung/Beitragsfreistellung der Ablauf festgehalten. So ist durchaus die Situation anzutreffen, dass Gesellschaften die alleinige Kündigung der Zusatzversicherung erlauben, deren Auflösung an Mindestsummen für die unterschiedlichen Hauptversicherungen knüpfen oder wenige Jahre vor Ablauf der Hauptversicherung untersagen. Sofern die separate Auflösung einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung möglich ist, steht dem Wechsel in andere Tarife zumindest unter diesem Gesichtspunkt nichts mehr im Weg.