Voraussetzungen der Rentenleistung
Die eingangs genannte Bedingung ist aber nicht die einzige Voraussetzung, die Versicherte in der gesetzlichen Unfallversicherung erfüllen müssen. Eine wesentliche Bedingung ist nach § 56 des Siebten Sozialgesetzbuches, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit (kurz MdE) auch nach der 26. Woche ab Eintritt des Versicherungsfalls besteht. Weiterhin hat, um den Anspruchsvoraussetzungen § 56 SGB VII zu entsprechen, eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 Prozent vorzuliegen. Erst wenn dieser Grad der Erwerbsminderung erreicht wird, haben Versicherte die Möglichkeit, eine Verletzten-Rente in Anspruch zu nehmen. Anders als im Bereich der privaten Unfallversicherung, deren Rentenleistung sich unter anderem anhand der Gliedertaxe bzw. dem tatsächlich erlittenen Schaden bemisst, also durch einen vorab greifbaren Prozentsatz erfassen lässt, wird in der GUV die Vorher- und Nachher-Situation in den Erwerbsmöglichkeiten verglichen, es kommt zu einer abstrakten Schadensbemessung. Zur Bestimmung des Grades der Erwerbsunfähigkeit wird also betrachtet, inwiefern die vorliegenden geistigen und gesundheitlichen Auswirkungen von Berufskrankheit oder Arbeitsunfall die Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit einschränken. Aus dieser Betrachtung heraus ergibt sich ein Prozentsatz, welcher nicht nur für den Anspruch, sondern auch die Höhe der Rentenleistung ausschlaggebend ist. Hinweis: Die Betrachtung der Erwerbsfähigkeit nach einem Versicherungsfall kann für Betroffene zu einem unbefriedigenden Ergebnis führen, da nach § 56 Abs. 2 SGB VII im Rahmen der Prüfung Fähigkeiten, die teilweise oder ganz nicht mehr nutzbar sind, durch andere zur Verfügung stehende Fähigkeiten ausgeglichen werden können. Entwicklung der Renten an Versicherte im Verhältnis zu den Gesamtrenten der gesetzlichen Unfallversicherung (inkl. Witwen und Waisen) im Zeitraum zwischen 2000 und 2010 (Quelle: DGUV-Statistiken für die Praxis 2010; Herausgeber: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)) Tritt ein Versicherungsfall bei Jugendlichen ein, die über einen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (Schüler, Studenten usw.) versichert sind, wird für die Abschätzung des Grades der Erwerbsminderung (MdE) ein Erwachsener mit entsprechendem Gesundheitsschaden herangezogen.Rente bei mehreren Versicherungsfällen
Im Alltag der gesetzlichen Unfallversicherung treten nicht nur Versicherungsfälle in Erscheinung, deren Minderung der Erwerbsfähigkeit sich auf eine Ursache zurückführen lässt. Beispielhaft wäre hier etwa der Bergbau zu nennen, wo es neben der bekannten Silikose oder Staublunge oft auch zu berufsbedingten Erkrankungen des Skeletts oder zu Schwerhörigkeit kommen kann. Liegt im speziellen Fall eine Minderung der Erwerbsfähigkeit als Ursache mehrerer Versicherungsfälle vor, so schreibt das 7. Sozialgesetzbuch vor, dass die MdE-Anteile der einzelnen Versicherungsfälle addiert werden. Ergibt sich danach eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mehr als 20 Prozent, so entsteht daraus ein Anspruch des Versicherten auf alle Versicherungsfälle, auch wenn diese allein keine MdE von 20 Prozent erreichen. Wichtig: In diese Betrachtung zur Minderung der Erwerbsfähigkeit fließen nur Versicherungsfälle ein, deren Grad die Marke von 10 Prozent erreicht.Höhe und Berechnung der Verletztenrente
Für Versicherte steht fast automatisch die Frage im Raum, wie hoch die Rentenleistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung im Versicherungsfall ist. Grundlage der Bemessung ist der sogenannte Jahresarbeitsverdienst (JAV). Dabei handelt es sich um eine Rechengröße, die sich aus den Arbeitsentgelten bzw. dem Arbeitseinkommen bemisst. Ausschlaggebend für die Bestimmung des JAV ist nach § 82 SGB VII der Zeitraum von 12 Monaten vor dem Monat, in dem sich der Versicherungsfall ereignet hat. Beispiel: Ein Arbeitnehmer erleidet am 20. Mai 2012 einen Wegeunfall. Nach § 82 Abs 1 SGB VII wäre demnach der Zeitraum von 01. Mai 2011 bis 30. April 2012 der für den Jahresarbeitsverdienst ausschlaggebende Zeitraum. Allerdings kann durchaus der Fall eintreten, dass der Berechnung zum Jahresarbeitsverdienst nicht das real erzielte Einkommen zugrunde liegt. Dies wäre zum Beispiel nach § 83 des 7. Sozialgesetzbuches für alle Unternehmer und Selbständigen der Fall, für die § 2 SGB VII (Versicherung kraft Gesetzes) gilt. Für diesen Personenkreis legen die Satzungen der zuständigen Träger entsprechende JAV-Grenzen fest. Ebenfalls per Gesetz vorgegeben sind Mindest- und Obergrenzen für den Jahresarbeitsverdienst.Bezugsgröße (in Euro) | Untergrenze JAV n. § 85 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII (in Euro) | Untergrenze JAV n. § 85 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII (in Euro) | |
---|---|---|---|
2002 |
28.140 |
11.256 |
16.884 |
2003 |
28.560 |
11.424 |
17.136 |
2004 |
28.980 |
11.592 |
17.388 |
2005 |
28.980 |
11.592 |
17.388 |
2006 |
29.400 |
11.760 |
17.640 |
2007 |
29.400 |
11.760 |
17.640 |
2008 |
29.820 |
11.928 |
17.892 |
2009 |
30.240 |
12.096 |
18.144 |
2010 |
30.660 |
12.264 |
18.396 |
2011 |
30.660 |
12.264 |
18.396 |
Bezugsgröße (in Euro) | Untergrenze JAV n. § 85 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII (in Euro) | Höchstgrenze JAV n. § 85 Abs. 2 SGB VII (in Euro) | |
---|---|---|---|
2002 |
28.140 |
16.884 |
56.280 |
2003 |
28.560 |
17.136 |
57.120 |
2004 |
28.980 |
17.388 |
57.960 |
2005 |
28.980 |
17.388 |
57.960 |
2006 |
29.400 |
17.640 |
58.800 |
2007 |
29.400 |
17.640 |
58.800 |
2008 |
29.820 |
17.892 |
59.640 |
2009 |
30.240 |
18.144 |
60.480 |
2010 |
30.660 |
18.396 |
61.320 |
2011 |
30.660 |
18.396 |
61.320 |
Setzt man in diese Formel die Angaben zum Beispielarbeitnehmer ein, ergibt sich folgendes Bild: Die Verletztenrente beträgt also 21.021 Euro pro Jahr, was 1.751,75 Euro monatlich entspricht. Setzt man dazu das ursprüngliche Einkommen in Beziehung, ergibt sich eine Lücke von rund 57 Prozent. Berücksichtigt man an dieser Stelle allerdings das Nettoeinkommen (alleinstehend für 2011, evang.) von 34.753,91 Euro, fällt die Einkommenslücke mit 39,5 Prozent deutlich geringer aus.
Untergrenze JAV n. § 85 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII (in Euro) | Vollrente (in Euro) | Rente 40 % MdE | Rente 70 % MdE (ohne Zuschlag) | Rente 70 % MdE mit Zuschlag) | |
---|---|---|---|---|---|
2008 |
17.892 |
11.808,72 |
4.723,49 |
8.266,10 |
9.092,71 |
2009 |
18.144 |
11.975,04 |
4.790,02 |
8.382,53 |
9.220,78 |
2010 |
18.396 |
12.141,36 |
4.856,54 |
8.498,95 |
9.348,85 |
2011 |
18.396 |
12.141,36 |
4.856,54 |
8.498,95 |
9.348,85 |
Verletzten-Rente und die Steuer
Viele Versicherte fragen sich regelmäßig, ob und wie die Rentenleistung der gesetzlichen Unfallversicherung steuerlich zu behandeln ist. Aufgrund der Komplexität des deutschen Steuerrechts ist diese Frage durchaus berechtigt, lässt sich in diesem konkreten Fall aber relativ kurz beantworten. Laut § 3 Abs. 1a EStG (Einkommenssteuergesetz) werden Leistungen, welche aus einer Kranken-, Pflege- und gesetzlichen Unfallversicherung stammen, nicht der steuerlichen Betrachtung unterworfen, sie sind steuerfrei. Darüber hinaus werden die Renten der GUV auch in § 32b EStG zum Progressionsvorbehalt nicht erwähnt.« Renten in der gesetzlichen Unfallversicherung