Unfälle passieren täglich am Arbeitsplatz, aber auch in der Freizeit. Eine Situation, die Fragen aufwirft. Wie jene nach dem Geltungsbereich der Unfallversicherung. Die gesetzliche Unfallversicherung hat in diesem Zusammenhang klare Grenzen. Auf der einen Seite sind es Einschränkungen, die sich auf sachlicher Ebene ergeben. Denn nach den Vorgaben des SGB VII greift der Schutz durch die Träger der Unfallversicherung nur dann – und auch nur dann – wenn es sich um einen gesundheitlichen Schaden handelt, dessen Ursache mit der versicherten Tätigkeit in Verbindung steht.
Diese Einschränkung des sachlichen Geltungsbereichs der gesetzlichen Unfallversicherung werden u. a. in § 6 SGB VII konkret umrissen. Aufgrund dieser Tatsache ergeben sich für den öffentlichen Zweig der Unfallversicherung gleichzeitig auch Einschränkungen des räumlichen Geltungsbereichs – sie gilt in vielen Fällen nicht im Ausland. Ausnahme: Ein Anspruch gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung entsteht nur im Rahmen einer Entsendung durch den Arbeitgeber mit Sitz im Inland ins Ausland.
Werden Bürger mit Wohnsitz in Deutschland von Unternehmen im Ausland beschäftigt, greift deren Sozialversicherung, was auch den Unfallschutz einschließt. Halten sich Verbraucher in ihrer Freizeit im Ausland auf, sind die Bedingungen des SGB VII nicht erfüllt – es besteht kein Leistungsanspruch. Wie gestaltet sich aber der Geltungsbereich der privaten Unfallversicherung im Vergleich zum gesetzlichen Gegenstück?
Reichweite der privaten Unfallversicherung in Deutschland
Im Gegensatz zur gesetzlichen Unfallversicherung, die zwar das Unfallereignis als solches ähnlich umfassend definiert, aber eine sachliche Grenze in Bezug auf den Geltungsbereich zieht, eröffnet die private Unfallversicherung diesbezüglich einen umfassenden Geltungsrahmen. Laut den Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 2010) des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft gilt der Versicherungsschutz uneingeschränkt – sowohl sachlich als auch räumlich – in ganz Deutschland.
Einzig der zeitliche Geltungsbereich wird durch die AUB 2010 in Nr. 1.1 eingeschränkt, die Unfallversicherung deckt nur Ansprüche, die während der „Wirksamkeit des Vertrages“ entstehen. Eine Formulierung, welche sich in ähnlicher Weise auch in den Versicherungsbedingungen der einzelnen Unternehmen wiederfindet.
Hinweis: Der Geltungsbereich umfasst in der privaten Unfallversicherung nur jene Leistungsfälle, welche die Voraussetzungen der Unfalldefinition in den AUB 2010 des GDV erfüllen. Ein Unfall muss ein:
- unfreiwillig auf den Körper wirkendes,
- äußeres Ereignis sein,
- dass einen gesundheitlichen Schaden zur Folge hat.
Darüber hinaus wird dem Unfall eine plötzliche Kraftanstrengung gleichgesetzt, in deren Folge es:
- zu Zerrung und Abriss von Muskeln, Sehnen oder Bändern sowie,
- Stauchung von Gelenken kommt.
Hinweis: In den Versicherungsbedingungen der einzelnen Unternehmen kann der Eintritt des Leistungsfalles ausgedehnt werden. So tritt der Versicherungsfall z. B. in der HUK Coburg nach Nr. 1.3.1 AUB 2010 auch denn ein, wenn es zu gesundheitlichen Schäden im Zuge von Notwehr oder Notrettung kommt.
Versicherung in Freizeit und Beruf
Aufgrund der allgemeinen Formulierung in Bezug auf den Geltungsbereich ergibt sich für Versicherte unter Umständen eine besondere Situation. Ereignet sich der Unfall, welcher zum Gesundheitsschaden führt, am Arbeitsplatz, kann ein Anspruch bei bestehendem Versicherungsschutz durch den Versicherten sowohl gegen den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung als auch gegen die PUV geltend gemacht werden. Eine Tatsache, die durchaus finanziellen Spielraum schafft, da in diesem Zusammenhang nicht nur die Rentenleistung der UV-Träger ab einer MdE von mindestens 20 Prozent in Anspruch genommen werden kann, sondern u. U. auch die Invaliditätsleistung der privaten Unfallversicherung.
Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung |
Leistung der privaten Unfallversicherung |
– Minderung Erwerbsfähigkeit: |
65 Prozent |
– Körperschaden Arm |
Invalidität 70 Prozent |
– Jahresarbeitsverdienst |
36.465 Euro |
– Versicherungssumme |
125.000 Euro |
– Vollrente: |
24.066,90 Euro |
– Leistungssumme: |
87.500 Euro |
– Teilrente: |
15.643,49 Euro |
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– Teilrente (Monat): |
1.303,62 Euro |
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Kapitalzufluss im ersten Jahr bei Leistungsfall zum 30. Juli: |
7.821,72 Euro plus 87.500 Euro |
95.321,72 Euro |
Fiktives Rechenbeispiel zur Leistungskombination aus gesetzlicher und privater Unfallversicherung nach einem Arbeitsunfall, der zur Funktionsunfähigkeit eines Armes geführt hat (deutlich wird die Auswirkung der Kapitaleinmalleistung der privaten Unfallversicherung, welche den Einkommensausfall durch die Versichertenrente der GUV im 1. Jahr kompensiert)
Denn wird die private Unfallversicherung zu 100 Prozent vom Versicherten getragen – also die Beiträge finanziert– werden deren Leistungen nach § 98 Abs. 3 SGB VII nicht auf die Ansprüche der öffentlichen Unfallversicherung angerechnet.
Bezieht man den Geltungsbereich der privaten Unfallversicherung in der Freizeit ein, ergibt sich ein zeitlich umfassender Versicherungsschutz. Kombiniert mit der Möglichkeit, die Absicherung auf ganze Familien auszudehnen, entsteht ein Geltungsbereich, der vor allem den Vorsorgeanspruch vieler Familienhaushalte befriedigen kann.