Private Unfallversicherung: Welche Leistungen müssen drin sein?
Finanzielle Sicherheit – im Alltag eine der Antriebsfedern für den Abschluss von Versicherungen. Dass sich Vorsorge lohnt, zeigen die Beispiele von Betroffenen und ein Blick in die Statistik. Dennoch sind der grundlegende Anspruch, den Verbraucher an die private Unfallversicherung stellen, und letztlich der praktische Nutzen zwei Paar Schuhe. Es ist für einen optimalen Schutz nicht wesentlich, dass alle erdenklichen Leistungen versichert werden, sondern die entscheidenden Leistungsbereiche umfassend berücksichtigt sind.
Es stellt sich also die Frage, welche Leistungen in der privaten Unfallversicherung generell enthalten sein müssen, welche nur in bestimmten Situationen als Bestandteil des Versicherungsvertrages sinnvoll sind und worauf verzichtet werden kann?
Sozusagen zum Must have gehört natürlich die Individualitätsleistung. Ist sie doch eigentlicher Kern der privaten Unfallversicherung. Im Allgemeinen auch in Grundschutz-Tarifen Standard, kommt es vielmehr darauf an, wie die Individualitätsleistung im Einzelnen ausgestaltet wird – es spielen Progression und Gliedertaxe eine Rolle – neben der eigentlichen Versicherungssumme. Letztere orientiert sich am Bruttoeinkommen und dem Alter des Versicherungsnehmers (junge Erwachsene müssen mit der Individualitätsleistung einen längeren Lebensabschnitt überbrücken, es werden Summen von bis zu sechs Jahreseinkommen empfohlen).
Bezüglich Progression und Gliedertaxe trennt sich schnell die Spreu vom Weizen. Je schwerwiegender einzelne Gesundheitsschäden für den weiteren Lebensweg, umso wichtiger ist deren Absicherung im Rahmen der Gliedertaxe. Und in puncto Progression muss klar sein, dass deren volles Potenzial erst bei hohen Invaliditätsgraden zum Tragen kommt. Da diese Fälle in der Praxis selten sind, muss das Augenmerk der Versicherten nicht nur im Bereich eine Invalidität von 100 Prozent liegen, sondern auch die Individualitätsleistung bei niedrigeren Invaliditätsgraden entsprechend viel Aufmerksamkeit genießen – die Absicherung der maximal möglichen Progression ist also nicht zwingend sinnvoll.
Hinweis: Jede Leistung einer privaten Unfallversicherung – egal, ob nötig oder nicht – wird nur erbracht, wenn ein versicherter Unfall den Gesundheitsschaden ausgelöst hat. Viele Leistungen können zudem nur dann in Anspruch genommen werden, wenn eine dauerhafte Beeinträchtigung vorliegt.
Leistungen, die nicht zwingend nötig sind
In der privaten Unfallversicherung wird ein breites Leistungsportfolio angeboten, das nicht immer sinnvoll und notwendig ist – es muss im Vorfeld jeder Verbraucher sich über den eigenen Vorsorgeanspruch im Klaren werden. Zu den Bereichen, die unter bestimmten Bedingungen in den Versicherungsschutz aufgenommen werden können, gehören:
- die Unfallrente,
- die Todesfallleistung,
- Bergungs- und Transportkosten,
- Infektionen, Insektenstiche usw.
Warum gehören die einzelnen Bereiche nur zu den bedingt empfohlenen Leistungen? Speziell die Todesfallleistung sollte – sofern sie unbedingt versichert werden muss – separat ins Auge gefasst werden, und zwar in Form einer Risikolebensversicherung, die individuell auf den Versicherungsnehmer zugeschnitten wird. Wo allerdings Vorauszahlungen und Todesfallleistung zumindest in der Höhe gekoppelt sind, ist die Vereinbarung einer niedrigen Leistung für den Todesfall durchaus in Erwägung zu ziehen.
Bezüglich der Unfallrente muss Verbrauchern der Zusammenhang zwischen Anspruchsvoraussetzung und Leistungsdauer klar sein. Auf der einen Seite kann sie nur für Gesundheitsschäden als Unfallfolge in Anspruch genommen werden. Und auf der anderen Seite sind meist höhere Invaliditätsgrade eine zweite Bedingung. Ob diese letztlich erreicht werden, ist ungewiss. Wird die Unfallrente vor dem Hintergrund einer Einkommenssicherung bei Erwerbsunfähigkeit ins Auge gefasst, ist der Einstieg in die reine Erwerbsunfähigkeits- oder BU-Versicherung der sinnvollere Weg.
Besonders, wenn kurze Zeiträume bis zum Eintritt in die Altersrente zu überbrücken sind, kann auf die Unfallrente in den Augen vieler Experten ganz verzichtet werden und der Beitrag in die Invaliditätsleistung fließen. Eine Ausnahme stellt der Unfallschutz für Kinder dar. Schwere Gesundheitsschäden können den weiteren Lebensweg maßgeblich beeinflussen. Eine Unfallrente kann in dieser Situation eine der wenigen Möglichkeiten zum Einkommensersatz sein.
Und was ist mit den anderen Leistungen der privaten Unfallversicherung? Gerade Rettungs- und Bergungskosten sind in vielen Policen bereits bis zu einer gewissen Höhe mitversichert und durchaus sinnvoll. Denn gerade die Luftrettung im Rahmen der Bergung – etwa nach einem Skiunfall – kann teuer werden. Gleiches gilt für den Kranken- und medizinisch notwendigen Rücktransport – gerade im Ausland. Letztlich sind das individuelle Risiko und der bereits vorhandene Versicherungsschutz hier entscheidend. Denn Transport und Rettung können bereits Bestandteil der Auslandskrankenversicherung oder anderer Policen sein.
Leistungen, die weggelassen werden können
Dass kosmetische Operationen und zahnmedizinische Behandlungen keine zwingende Notwendigkeit der privaten Unfallversicherung sind, hat einen Grund: Die Leistungen werden – sofern medizinisch notwendig – auch von der Krankenversicherung erbracht. Und nach einem Unfall am Arbeitsplatz ist die gesetzliche Unfallversicherung zuständig, die hier gleichermaßen aktiv werden muss. Dennoch sind diese Leistungsbereiche in der privaten Unfallversicherung vieler Verbraucher vertreten – aus einem einfachen Grund, sie gehören bei einigen Unternehmen bereits zum Grundschutz.
Viele weitere Zusatzbausteine, die in der privaten Unfallversicherung interessierten Verbrauchern angeboten werden, können weggelassen werden. Besonders das KHT (Krankenhaustagegeld), das Genesungsgeld, ein Krankentagegeld, die Absicherung gegen tauchtypische Unfälle oder Röntgen- und Laserstrahlen bzw. Vergiftungen gehören nach Meinung von Experten dazu.
Einerseits ist das Risiko für das Auftreten solcher Versicherungsfälle gering. Und auf der anderen Seite lassen sich diverse Leistungsbausteine separat besser versichern. Eines der prominenten Beispiele ist das Krankentagegeld. Im Rahmen der Unfallversicherung nur dann gezahlt, wenn ein Unfall als Anspruchsursache im Spiel ist, deckt es in dieser Form den Bedarf nur unzureichend. Versicherte, wie Selbständige, die auf eine zusätzliche Krankentagegeld-Absicherung angewiesen sind, sollten daher nach Policen suchen, in denen ein Rundum-Schutz aufgebaut werden kann.
Leistungen, wie das Krankhaustagegeld, werden dagegen auch in der Sparte der Krankenversicherung eher als zweitrangig betrachtet. Zumal für einige der bereits genannten Zusatzbausteine in den Versicherungsbedingungen einzelner Unternehmen die Leistungspflicht eingeschränkt werden kann, wenn Dritte Leistungspflichtig werden.
Übrigens: Viele Unternehmen bieten Optionen zur Dynamisierung der privaten Unfallversicherung. Auf den ersten Blick vielleicht verlockend, wird diese Option kritisch betrachtet und häufig von ihr abgeraten.