OLG Karlsruhe – Az. 12 U 79/09
Berufsunfähigkeitsversicherung muss erst dann leisten, wenn sie informiert wird
Das Risiko, berufsunfähig zu werden, gehört zu den größten Ängsten der Deutschen. Schließlich hängt mit der Berufsfähigkeit der gesamte Lebenswandel zusammen, inklusive der finanziellen Versorgung für die ganze Familie.
Wer berufsunfähig wird und für diesen Fall nicht ausreichend versichert ist, der erlebt nicht nur gesundheitliche Beeinträchtigungen, sondern kann an den gesamten erarbeiteten Lebensstandard innerhalb kürzester Zeit verlieren.
Kein Wunder also, dass hierzulande immer mehr Berufsunfähigkeitsversicherungen abgeschlossen werden, zudem gibt es für unzählige Berufsgruppen zusätzlich die gesetzliche Unfallversicherung, welche über den Arbeitgeber automatisch abgeschlossen wird.
Allerdings gilt es auch hier – genau wie bei jeder anderen Versicherung – die Versicherungsbedingungen aufmerksam zu studieren. Auch wenn das Kleingedruckte keinen Spaß macht.
Insbesondere der Zeitpunkt, wann ein Schadenfall der Versicherung gemeldet wird, ist in diesem Zusammenhang von äußerster Wichtigkeit. Er kann darüber entscheiden, wann der Versicherte seine Leistungen ausgezahlt bekommt. Dass es hier allerdings noch viel Aufklärungsbedarf gibt, zeigt der folgende Fall, welcher vor dem OLG Karlsruhe verhandelt wurde. Folgender Sachverhalt lag dem Gerichtsverfahren zugrunde:
Versicherter fordert Gelder rückwirkend für ein Jahr
Ein Versicherter, der eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hatte, wurde berufsunfähig. Er teilte diese Tatsache jedoch zunächst nicht seinem Versicherer mit, sondern wartete auf die Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung bezüglich einer Rente aufgrund vollständiger Erwerbsminderung.
Bis diese Entscheidung schließlich gefällt war und der Versicherte die entsprechende Nachricht erhielt, verging rund ein Jahr. Nach diesem Zeitraum meldete der Versicherte seine Berufsunfähigkeit schließlich auch der Berufsunfähigkeitsversicherung und beantragte entsprechende Leistungen rückwirkend für den genannten Zeitraum.
Dies lehnte die Versicherung jedoch ab und verwies dabei insbesondere auf die Versicherungsbedingungen, in denen eine Meldefrist von maximal sechs Monaten vorgesehen war. Der Versicherte wollte dies nicht hinnehmen und verklagte die Versicherungsgesellschaft.+
LG und OLG Karlsruhe geben der Versicherung Recht
Der Fall wurde zunächst von dem Landgericht Karlsruhe verhandelt, wo die Richter der Versicherungsgesellschaft Recht gaben. Auch der Einwand des Versicherten, dass es sich bei der betreffenden Versicherungsbedingung um eine sogenannte überraschende Klausel handle, ließen die Richter nicht gelten. Der Kläger ging in Revision vor das Oberlandesgericht Karlsruhe.
Doch auch hier gaben die Richter der Versicherung Recht. Insbesondere die beanstandete Klausel in den Versicherungsbedingungen sei für den Versicherungsnehmer keineswegs überraschend, sondern von Anfang an klar verständlich enthalten. Somit sind die Versicherungsbedingungen rechtmäßig und dem Versicherungsnehmer obliegt die Verpflichtung, den Versicherungsfall möglichst frühzeitig anzuzeigen.
Begründung der Gerichte
Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund wichtig, dass bei einer verzögerten Meldung Probleme bei der Aufarbeitung der medizinischen Problematik für die Versicherung entstehen könnten.
Konkret bedeutet das: Nach einem Jahr oder länger lassen sich medizinische Sachverhalte und Probleme oftmals nicht mehr einwandfrei nachvollziehen, auch nicht für entsprechende Sachverständige. Daher ist in den Versicherungsbedingungen festgelegt, dass der Versicherungsfall innerhalb einer bestimmten Frist angezeigt werden muss, um die Leistungen ab diesem Zeitpunkt zu erhalten.
Dies wird von nahezu allen Versicherung so gehandhabt und sei laut Meinung der Richter durchaus legitim. Es hätte dem Versicherten in diesem Fall freigestanden, parallel zur Information der gesetzlichen Rentenversicherung auch einen Leistungsantrag für die Berufsunfähigkeitsversicherung zu stellen. In diesem Fall hätte er die hier genannten Probleme keineswegs gehabt. Somit wurde die Klage auch vor dem Oberlandesgericht abgewiesen.