Keine Helmpflicht für Radfahrer

Bundesgerichtshof – Az. – VI ZR 281/13

Keine Helmpflicht für Radfahrer: Nichttragen eines Fahrradhelms führt bei Unfall nicht zu einer Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens

Fahrradfahrer haben bei unverschuldetem Unfall Anspruch auf Schadensersatz – unabhängig davon, ob sie eine eigene private Unfallversicherung abgeschlossen haben.

Verletzter Fahrradfahrer auf der LandstraßeViele Fahrradfahrer tragen mittlerweile einen Helm, besonders wenn sie in der Stadt unterwegs sind. Allerdings sind es immer noch nicht alle, obwohl die Risiken bekannt sind, was bei einem Sturz ohne Helm alles passieren kann. Hat ein Fahrradfahrer einen unverschuldeten Unfall, bei dem er keinen Fahrradhelm getragen hat, kann er dennoch keine Anspruchskürzung wegen eines Mitverschuldens auferlegt bekommen, entschied der Bundesgerichtshof.

Im zugrunde liegenden Streitfall hatte eine Frau geklagt, die im Jahr 2011 mit ihrem Fahrrad auf dem Weg in die Arbeit war. Sie hatte keinen Fahrradhelm an und war auf einer innerstädtischen Straße unterwegs. Von einem am rechten Fahrbahnrand parkenden PKW öffnete die Fahrerin von innen die Fahrertür, unmittelbar bevor sich die Radfahrerin näherte. Es kam wie es kommen musste. Die Klägerin konnte nicht mehr ausweichen, fuhr gegen die Fahrertür und stürzte daraufhin auf den Boden. Durch ihren Sturz auf den Hinterkopf zog sie sich schwere Schädel-Hirnverletzungen zu. Das Nichttragen eines Fahrradhelms hatte zu dem Ausmaß seinen Teil beigetragen. Die Fahrradfahrerin fordert von der Autofahrerin und ihrer Versicherung Schadensersatz.

Während das Oberlandesgericht der Fahrradfahrerin ein Mitverschulden von 20 % angelastet hat, aufgrund der Tatsache des fehlenden Schutzhelms und der damit verbundenen Schutzmaßnahme zu ihrer eigenen Sicherheit. Der BGH hingegen hat ein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms verneint.

Das Berufungsurteil wurde vom Bundesgerichtshof aufgehoben und der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Nach Auffassung des Berufungsgerichts führt das Nichttragen eines Fahrradhelms nicht zu einer Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens. Es besteht keine Pflicht für Fahrradfahrer einen Schutzhelm zu tragen. Es kann einem Geschädigten passieren, dass er auch ohne einen Verstoß gegen Vorschriften haftungsrechtlich eine Mitschuld bekommt. Wird ihm angelastet, dass er die nötige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die jeder nachdenkende Mensch anwenden würde, um zu vermeiden, dass er einen Schaden erleidet, bekommt er ein Mitverschulden zugesprochen. In diesem Fall könnte man das bejahen, falls es zur Unfallzeit erforderlich und zumutbar gewesen wäre, dass die Klägerin zum eigenen Schutz nach allgemeinem Verkehrsbewusstsein einen Schutzhelm getragen hätte. Allerdings hat es zum Zeitpunkt des Unfalls genau ein solches Verkehrsbewusstsein noch nicht gegeben.

Die Bundesanstalt für Straßenwesen hat in einer repräsentativen Verkehrsbeobachtung im Jahr 2011 die erschreckende Kenntnis erlangt, dass nur elf Prozent der Fahrradfahrer innerorts einen Schutzhelm trugen. Es war nicht zu entscheiden, wie in Fällen von sportlicher Betätigung des Radfahrers es zu einem Mitverschulden führt, wenn dieser keinen Schutzhelm trägt. Auch wenn die Fahrradhelme nicht unbedingt eine Zierde sind und manch einer wegen seiner Frisur sorgen hat, sollte doch die eigene Sicherheit und Gesundheit im Vordergrund stehen. Das Tragen eines Fahrradhelms kann im Fall der Fälle Leben retten. Und die schönste Frisur nutzt nichts, wenn der Kopf komplett kaputt ist, weil aus Eitelkeit der Schutzhelm gefehlt hat.

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