Hessisches Landessozialgericht – Az: L 3 U 118/13
Unfallversicherung muss auch bei einem Arbeitsunfall aufgrund verkehrswidrigem Verhaltens leisten
Der Unfallversicherungsschutz durch die Berufsgenossenschaften bezieht sich grundsätzlich auf sogenannte Arbeitsunfälle, also Unfälle, die während der Arbeit bzw. auf dem Weg zur Arbeit und von der Arbeit nach Hause geschehen. Wer einen solchen Unfall erleidet, erhält von der Unfallkasse der Berufsgenossenschaft entsprechende Hilfestellungen, u. a. in Form einer Invalidenrente, die als Einmalbetrag oder in monatlichen Rentenbeträgen ausgezahlt werden kann.
Schilderung des Sachverhaltes
Doch wie verhält es sich, wenn ein Unfall auf einem nicht direkten Arbeitsweg geschieht, und dieser zudem ein verkehrswidriges Verhalten des Fahrers verschuldet wurde? Muss die Unfallversicherung der Berufsgenossenschaft in diesem Fall ebenfalls leisten? Mit dieser Frage mussten sich die Richter am Hessischen Landessozialgericht auseinandersetzen.
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Der Geschädigte war als Lagerist in einem Fachgroßhandel tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit wurde er vorübergehend in ein anderes Lager versetzt, wo er aushelfen sollte. Auf dem Weg zur neuen Wirkungsstätte führte der Geschädigte ein verkehrswidriges Wendemanöver auf einer vierspurigen Bundesstraße durch, woraufhin es zu einem Unfall mit schwerwiegenden Folgen kam. Zu bemerken ist der Umstand, dass der Unfallort sich nicht auf der unmittelbaren Strecke zwischen der Wohnung des Geschädigten und seiner Arbeitsstelle befand.
Infolge des Unfalls erlitt der Mann ein Schädel-Hirn-Trauma mit anschließendem Koma für mehr als zwei Wochen. Es dauerte schließlich über ein Jahr bis er wieder stufenweise in sein voriges Arbeitsverhältnis eingegliedert werden konnte.
Berufsgenossenschaft lehnt Anerkennung als Arbeitsunfall ab
Probleme gab es in diesem Zusammenhang mit der Berufsgenossenschaft. Diese lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, da sich der Verunfallte angeblich zum Zeitpunkt des Unfalls auf einem unversicherten Weg befunden habe. Weder betriebliche noch verkehrstechnische Gründe könnten hierfür als Erklärung angeführt werden. Dieser Ansicht der Berufsgenossenschaft begegnete der Geschädigte mit seiner Begründung, er habe wegen eines Staus eine andere Route gewählt und sich schließlich verfahren. Aufgrund der schlechten Sichtverhältnisse habe er schließlich auf der Bundesstraße gewendet, wodurch es zu besagtem Unfall gekommen sei. Weitere Erinnerungen habe er aufgrund der schweren Kopfverletzungen an den Unfall nicht.
Unfallopfer klagt gegen Berufsgenossenschaft
Da die Berufsgenossenschaft nicht mit sich reden ließ und jegliche Leistung verweigerte, klagte das Unfallopfer – zunächst vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main. Die dortigen Richter gaben dem Kläger Recht. Darauf ging die Berufsgenossenschaft in Revision, so dass der Fall schließlich vor dem Hessischen Landessozialgericht verhandelt wurde. Auch hier folgen die Richter den Ausführungen des Klägers und stellten fest, dass auch dann der Versicherungsschutz auf dem Arbeitsweg bestehen bleibe, wenn der Versicherte aufgrund eines Staus oder eines ähnlichen Umstands eine andere, abweichende Route nehmen müsse. Das Gleiche gelte, wenn er sich aufgrund von Dunkelheit oder schlechten Witterungsverhältnissen verfahre. Lediglich dann, wenn ein privates, eigenwirtschaftliches Ziel angesteuert werde, könne ein Versicherungsschutz verneint werden.
Fazit
Dafür gebe es im hier vorliegenden Fall aber keine Anzeichen. Es bestünde kein Zweifel daran, dass der Kläger trotz der veränderten Fahrtroute seine Arbeitsstätte hätte erreichen wollen. Hinzu kommt laut Meinung der Richter der Umstand, dass laut der entsprechenden Gesetze auch regelwidrige Handlungen einen vorliegenden Versicherungsfall nicht ausschließen. Somit sei auch das Wendemanöver des Geschädigten auf der Bundesstraße nicht zu beanstanden, zumindest nicht im Hinblick auf den Versicherungsschutz.