Unfallversicherung greift auch bei Fußballtraining

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen – Az. L 3 U 56/15

Greift die Unfallversicherung auch beim Fußballtraining?

Fußball – in Deutschland der Volkssport Nummer eins. Ob auf Bundesliga-Niveau, in den Regionalligen oder einfach nur als Freizeitsport – Millionen Deutsche verfolgen die Spiele nicht nur zu Hause am Fernseher, sondern spielen auch selbst Fußball. Dass Fußball ein Sport mit vielen Verletzungsgefahren ist, verdrängen die meisten oder merken es erst, wenn sie selbst betroffen sind. Dabei zählt der Fußball zu den gefährlichsten Sportarten überhaupt. Wie schnell sich eine Verletzung ergeben kann, musste auch ein Student erfahren, der in seiner Mannschaft in der sogenannten Campusliga spielte. Der sich während des Aufwärmtrainings ereignete Unfall zog einen langen Heilungsprozess und zudem einen handfesten Rechtsstreit nach sich. Hier die genauen Details: Es begab sich während des Aufwärmtrainings zu einem Fußballspiel in der Campusliga. Der Geschädigte – selbst Student – hatte sich durch eine unglückliche Verkettung von Umständen einen Riss des vorderen Kreuzbandes sowie einen Riss des Außenmeniskus zugezogen. Diese Verletzungen ließ er naturgemäß behandeln, die Kosten dafür übernahm zunächst der zuständige Unfallversicherungsträger. Dieser wiederum wollte sich die Kosten (immerhin ca. 14.000 Euro) von der Krankenkasse des Studenten wiederholen, was die Kasse allerdings verweigerte. Ihrer Meinung nach fallen die Kosten unter den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung. Als beide Parteien keine Einigung fanden, verklagte der Unfallversicherungsträger die Krankenkasse des Studenten.

Campusliga dient dem körperlichen Ausgleich

Der Fall ging vor das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen. Der Rechtsvertreter des Unfallversicherungsträgers führte in der Verhandlung aus, dass der Student zum Zeitpunkt des Unfalls nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe, da das mit dem Unfall verbundene Fußballturnier einen klar erkennbaren Wettkampfcharakter aufweise. Die sogenannte Ausgleichsfunktion des Hochschulsports – Voraussetzung für den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung – habe hierbei keineswegs im Vordergrund gestanden. Das Gericht folgte nicht den Ausführungen des Unfallversicherungsträgers und stellte fest, dass gem. § 2 Abs. 1 Nr. 8 c SGB VII ein Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung für den Studenten bestand. Die Begründung: Das Fußballspielen generell sei im hier vorliegenden Fall studienbezogen gewesen. Bei der Nennung der für den Begriff „studienbezogen“ ausschlaggebenden Kriterien bezog sich das Landessozialgericht auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Nach dieser habe das Fußballturnier in der Campusliga dem körperlichen Ausgleich und der sozialen Integration gedient. Somit werde damit auch ein Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung geleistet.

Nicht jeder Hochschulsport steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung

Weitere Indizien hierfür seien, dass das Turnier in der organisatorischen Verantwortung der Hochschule gestanden habe und die Studierenden somit in der Ausgestaltung der Verrichtung nicht völlig frei gewesen sind. Auch der Wettkampfcharakter stehe einem Versicherungsschutz in diesem Zusammenhang nicht entgegen. Generell könnten Sportarten wie Fußball, die grundsätzlich einen Wettkampfcharakter besitzen, nicht vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung ausgeschlossen werden. Auch sie könnten durchaus dem Zweck des Ausgleichsports dienen. Auf der anderen Seite, so die Richter, könnte nicht zwangsläufig davon ausgegangen werden, dass jeglicher Hochschulsport unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehe. Die diesbezügliche Einordnung müsse jeweils im Einzelfall getroffen werden. Wie man an diesem Urteil wieder einmal ersehen kann, gibt es insbesondere im Bereich der Unfallversicherung kaum allgemeingültige Regeln und Präzedenzfälle. Gerade in diesem Bereich muss jeder Einzelfall auch als solcher betrachtet und dann individuell beurteilt werden.